Streitfall Kind

Für manche sind sie kleine Nervensägen, für andere die Erfüllung des Lebens. Zu unserem Bild von Familie gehören sie jedenfalls dazu. Ob es in binationalen Familien mehr Kinder gibt als in deutsch-deutschen Familien, die Statistik verrät es uns leider nicht. Dass sie heftig umkämpft sind, egal ob deutsch-deutsch oder binationale, ob bei bestehender Familie oder nach deren Auflösung, ist allenthalben bekannt. Tatsächlich sind Kinder schon vor ihrer Ankunft oft genug Streitobjekt: Kind - ja oder neun, wann ist der richtige Zeitpunkt, wie soll die Verantwortung verteilt werden, wer soll wie viel Erziehungszeit nehmen, wer darf was und wie viel entscheiden... Wenn Eltern sich trennen, bleiben die gemeinsamen Kinder das Verbindende, im Positiven wie im Negativen, vor allem in der Fortsetzung der Konflikte. Einen kleinen Einblick in die binationale Variante der Wollen-wir-ein-Kind-Diskussion bietet Heidi Malke-Diops Beispiel interkulturellen Familienlebens. Rechtliche und gesellschaftliche Aspekte diskutiert der Gastbeitrag des VAMV. Er legt dar, dass die gemeinsame elterliche Sorge, seit der Kindschaftsrechtsreform von 1998 zum Regelfall geworden, in der heutigen Form längst nicht in allen Fällen kindeswohldienlich ist. Mit der Auswirkung einer Trennung auf die Kinder befasst sich Dorota Francuz, daran schließt sich das Thema Umgangskonflikte an. Das bei binationalen Familien herausragende Thema, die Angst vor Kindesentführung, greifen zwei Artikel auf: Marina Wagner sprach mit einer Mutter, deren Kind vom Vater entführt wurde, sie schildert die Vorgeschichte sowie den noch immer andauernden Kampf, da Kind nicht völlig zu verlieren.

Wie wichtig und hilfreich Kontakte mit anderen Betroffenen sein können, wie Frauen sich gegenseitig stützen, trösten und neuen Lebensmut bekommen, zeigt Ruth Weissmüllers Artikel über das Forum für Mütter entführter Kinder. Gewalt in der Familie - kein speziell binationales Thema - aber eben auch ein Thema in binationalen Familien, muss bei Sorgerechts- und Umgangsstreitigkeiten sorgfältiger, als dies heute der Fall ist, berücksichtigt werden - dies wird in Elisabeth Mach-Hours Beitrag ganz deutlich.

Eine nicht ganz freiwillige Adoption - und der Weg zurück - Daniela Bröhl wirft einen Blick auf eine andere Facette des Kampfes um Kinder. Schließlich kommt auch noch ein Kind zu Wort, zumindest versucht die Mama aufzuschreiben, wie die Sicht ihrer Tochter auf die Dinge im Allgemeinen und im Besonderen auf ihre bunte Familie ist.

Auch die Rubrik Infomobil befasst sich mit dem Thema Kind, mit interkulturellem Lernen und der Idee eines interkulturellen Spielzimmers in der iaf in Frankfurt. Schließlich gibt es noch die üblichen Informationen und Nachrichten zu unserer renovierten Website zum Beispiel, zu Büchern, Musik, Filmen und Fortbildungsangeboten.

Streitfall Kind - die aktuelle Ausgabe der iaf-informationen - macht wieder einmal deutlich, dass gesellschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen Einfluss haben auf den Alltag in Familien, auf die Konfliktmuster und Lösungsversuche. Eine Ausgabe, die sicherlich nicht nur Eltern interessiert.

Birgit Sitorus