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11.09.2022

Stellungnahme zum Gesetzentwurf für ein „Gesetz zur Verbesserung der Integration und Teilhabe und zur Gestaltung des Zusammenlebens in Vielfalt“ in Hessen

Der Verband binationaler Familien und Partnersschaften hat sich bei der Erstellung der Stellungnahme auf die zentralen Themen fokussiert, die aus Sicht des Verbandes wichtig sind.


 
Grundsätzliche Anmerkungen
Im Gesetzestext wird „Integration als chancengerechte Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen“ beschrieben und auch betont, dass alle Bevölkerungsgruppen ihren Anteil und ihre Aufgabe am Gelingen von gesellschaftlicher Teilhabe und Zusammenleben in Vielfalt haben. (z. B: Präambel, Allgemeine Bestimmungen §1 Ziele, §2 Grundsätze etc.) Obwohl Integration nicht als einseitige Anstrengung einzelner Bevölkerungsgruppen benannt wird, wird Integration weiterhin als zentraler Begriff beibehalten und damit implizit eine Aufteilung der Gesellschaft in ein Wir und Ihr – Gruppe oder eine Minderheits- und Mehrheitsgruppe angenommen.


Wird Teilhabe als sämtliche Dimensionen des gesellschaftlichen Lebens gleichermaßen umfassend verstanden, dann kann es nicht nur darum gehen, eine Teilhabe zu verbessern, Stück für Stück zu gewähren, sondern einen grundsätzlichen Anspruch herbeizuführen. Der Begriff der chancengerechten Teilhabe bleibt unscharf. Es ist unklar, wie der Terminus im Vergleich zu den Begriffen der „gleichberechtigten“ Teilhabe und der “Chancengleichheit” zu verstehen ist. Obwohl „chancengerechte Teilhabe“ nicht nur in der Präambel, sondern mehrfach im Text benannt wird, scheint es, dass bei der Erstellung des Gesetzestextes keine tiefere sprachlich-inhaltliche Reflexion dieses Schlüsselbegriffs erfolgte, zumal auch in der Begründung zum Gesetz nichts weiter dazu zu lesen ist. Dem Verband erscheint es daher zielführender von „gleichberechtigter“ Teilhabe zu sprechen und dies in den Wirkungsbereichen des Gesetzes mit entsprechenden Rechtsansprüchen inhaltlich zu füllen.
Im Kontext konkreter fördernder Vorhaben und Maßnahmen werden vor allem bereits bestehende Programme und Maßnahmen aufgeführt. Es ist gut, diese durch die Benennung zu verfestigen. Es finden sich jedoch kaum neue, konkrete Maßnahmen. Es wird vielmehr betont, dass „geeignete“ Maßnahmen entwickelt werden sollen, ohne hierfür konkrete Vorschläge zu machen.


Es finden sich mehrfach Kann-Regelungen im Gesetzestext, es wird kaum von Soll- oder Muss-Regelungen oder von konkreten Rechtsansprüchen gesprochen.
Die Gesetzesvorlage soll als Mantelgesetz dienen. Dies wird in den einzelnen Ausführungen nicht durchgängig deutlich, z.B. inwieweit ist das Schulgesetz betroffen? (§ 16 Sprache und Teilhabe und § 17 Bildung und Teilhabe). Angesichts des Anspruchs des Gesetzentwurfs einer „diskriminierungsfreien und allen Dimensionen des gesellschaftlichen Lebens umfassenden Teilhabe“ erscheinen uns die Auswirkungen auf andere Gesetze und Verordnungen als zu gering.

STELLUNGNAHME