Programmbeschwerde beim rbb
Die Art und Weise eines Kontraste-Beitrags zu Vaterschaftsanerkennungen
2. Brief an Redaktion Kontraste
Derzeit wird in den Medien über einen Gesetzesentwurf zu sogenannten Scheinvaterschaften berichtet – ein Gesetzesentwurf, den wir im Übrigen für völlig unnötig halten, da die vorgelegten Missbrauchsfälle auf Behördenversagen und nicht auf Regelungslücken zurückzuführen sind. Denn gemäß BGB § 1597a ist bereits jetzt eine Aussetzung der Vaterschaftsanerkennung bei gegründeten Verdachtsfällen möglich. Unter anderem wurde in der Berichtserstattung der Tageschau vom 30.4.2024 ein Beitrag der Kontraste-Redaktion „Falsche Väter hebeln Einwanderungsrecht aus“ zitiert und auf der Seite der Tagesschau auch verlinkt.
Wir leiten einen Briefwechsel weiter, den wir mit der Redaktion Kontraste vom rbb führten. Es geht darin um unsere Kritik an diesem Beitrag.
In unserem ersten Brief weisen wir daraufhin, dass bei der Art und Weise des Beitrags ganze Bevölkerungsgruppen unter Generalverdacht geraten und fragen nach Einzelheiten der Recherche. Insbesondere im Zusammenhang mit den im Beitrag angegeben Zahlungen und der entsprechenden Hochrechnungen. Des Weiteren fragten wir nach, wie es für die Mütter möglich sein kann, ihre Familienangehörigen „ganz einfach“ (so der Beitrag), nachzuholen – was unserer Beratungserfahrung gänzlich widerspricht. Zur Antwort bekamen wir Quellenangaben – die auch schon im Film genannt werden, mit der Anmerkung, dass doch einiges „im Auge des Betrachters“ läge.
Die Unterstellung, wir wollten mit unserer Kritik, Autor:innen davon abhalten, bestimmte Recherchen publik zu machen, können wir nicht nachvollziehen. Nichts läge uns ferner – es liegt in unserem Kerninteresse eine sachliche und dem Gegenstand angemessene Diskussion zu führen.
Wir kritisieren die Art und Weise des Beitrags. Da dies offensichtlich der Redaktion und den Autoren noch unverständlich erschien – das entnehmen wir der Antwort – legten wir mit einem zweiten Brief nach. Diesen finden Sie ebenfalls im Anhang.
Es ist uns schleierhaft wie ein Magazin und eine Redaktion derart unverantwortlich mit Text-Bild-Scheren, Sinn-Induktion und Verallgemeinerungen hantiert und dies dann als „Investigativ“-Recherche darstellt. Der Film weist zahlreiche handwerkliche Problematiken auf.
Von gutem Journalismus erwarten wir mehr. Der „Rechercheunit“ müssten die Leitlinien des Netzwerks Recherche bekannt sein, ebenso wie die Leitlinien des Presserates. Mediennutzer:innen müssen darauf vertrauen können, dass diese auch umgesetzt werden. Der besonderen Verantwortung, gerade in Bezug auf die Vermittlung von Sekundärerfahrungen, kommt der Beitrag in weiten Teilen nicht nach. Die Folge: eine ganze Gruppe von Menschen wird unter Generalverdacht gestellt.Dabei wird suggeriert, dass die Vaterschaftsanerkennung ein gängiger Weg sei, um Aufenthaltsrechte zu erschleichen. Doch ist das Gegenteil der Fall, wie auch eine interne Behördenbefragung des BMJ zeigen konnte, deren Ergebnis uns bei einem Verbändegespräch mitgeteilt wurde: in den meisten Fällen handelt es sich bei der Vaterschaftsanerkennung von Vätern aus Drittstaaten um eine ganze reguläre Familienzusammenführung, bei denen sowohl eine soziale als auch biologische Bindung zum Kind besteht. Diesen Familien darf durch derartige Verallgemeinerungen und Stimmungsmache, der Zugang zum Recht auf ein gemeinsames Familienleben in Deutschland gemäß Grundgesetz Artikel 6 nicht erschwert werden.
Da wir bis heute keine Antwort der Redaktion auf unseren zweiten Brief erhielten und leider feststellen müssen, dass der Beitrag nun erneut zu prominenter Sendezeit Erwähnung findet, veröffentlichen wir den Briefwechsel und reichen zeitgleich eine Programmbeschwerde ein.
PM Programmbeschwerde Kontraste Beitrag