Aussetzung des Familiennachzugs ist eklatanter Widerspruch zu Grund- und Menschenrechten
Stellungnahme zum geplanten Gesetz zur Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten:
Die geplante Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten für zwei Jahre steht in eklatantem Widerspruch zu den Grund- und Menschenrechten, auf denen unser demokratischer Rechtsstaat beruht. Die Bundesregierung betont regelmäßig den besonderen Stellenwert von Ehe und Familie in unserer Gesellschaft:
“Wir stellen Familien in den Mittelpunkt, sorgen für gutes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen“ (Koalitionsvertrag 2025, Rn. 3107).
Die gezielte Aussetzung für eine besonders schutzbedürftige Gruppe widerspricht dem verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 GG) sowie dem Gleichheitsgrundsatz. Es darf keine Familien zweiter Klasse geben. Bereits das bestehende Kontingentmodell ist integrations- und familienpolitisch höchst problematisch; eine vollständige Aussetzung verschärft die ohnehin belastende Situation für betroffene Familien auf unzumutbare Weise. Die rechtliche Unterscheidung zwischen GFK-Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten bildet nicht die Lebensrealität vieler Schutzsuchender ab, die ebenfalls vor Krieg, Folter und schweren Menschenrechtsverletzungen geflohen sind. Die langanhaltende Krisensituation in Herkunftsländern wie Syrien verdeutlicht, dass humanitäre Schutzbedarfe häufig nicht temporär, sondern strukturell sind. Eine jahrelange Trennung von engsten Angehörigen bedeutet für viele Betroffene eine erhebliche psychische Belastung, untergräbt Teilhabeprozesse und erschwert den Aufbau einer stabilen Lebensperspektive in Deutschland. Im vergangenen Jahr wurden 5.150 Visa zum Nachzug von Eltern erteilt und nur 1.525 Elternteile zogen auf diesem Weg zu ihren minderjährigen subsidiär schutzberechtigten Kindern. Stand Februar 2025 warteten 385.929 Personen auf einen Termin zur Beantragung eines Visums für den Familiennachzug zu einer subsidiär schutzberechtigten Person. Bei der aktuellen Kontingentierung von maximal 1.000 Visa pro Monat für diese Personengruppe, würde die Visumsvergabe für die bestehenden Anträge folglich 32 Jahre in Anspruch nehmen.1 In unserer Beratungspraxis erleben wir regelmäßig die belastenden Auswirkungen dieser Trennung. Wir appellieren daher mit Nachdruck an den Gesetzgeber, bei allen migrationspolitischen Erwägungen den verfassungsrechtlich verankerten Familienschutz uneingeschränkt zu wahren.
STELLUNGNAHME AUSSETZUNG FAMILIENNACHZUG