Die gesamte Absurdität dieses Sprachnachweises im Herkunftsland wird durch die Herausnahme einer weiteren Personengruppe, der türkischen Staatsbürger/innen in Deutschland, unterstrichen – die Diskriminierung eigener Staatsbürger/innen und damit indirekt die Unterbindung der freien Partner/innenwahl zementiert.
WER soll und kann das noch verstehen? Der algerische Ehemann einer Deutschen muss den Sprachnachweis in Algerien erbringen, um mit ihr in Deutschland in ehelicher Gemeinschaft leben zu können. Wäre seine Ehefrau jedoch türkische Staatsbürgerin oder Französin, würde er von diesem Nachweis befreit sein. Welchen Anreiz haben türkische Staatsbürger/innen zukünftig für eine Einbürgerung, wenn ihnen dadurch Rechte genommen werden? Denn mit der Aufgabe der türkischen Staatsangehörigkeit geht die Privilegierung im Ehegattennachzug verloren. Als Deutsche/r können sich auch Eingebürgerte nicht mehr darauf berufen! Im Prinzip liegt in der Umsetzung des Urteils eine zusätzliche Hürde zur Beantragung der deutschen Staatsangehörigkeit.
Schon jetzt bestehen zahlreiche Ausnahmen, die von dem Sprachnachweis befreit sind: u. a. bei einem Nachzug aus Nicht-EU-Ländern zu Unionsbürger/innen, zu Staatsangehörige von Australien, Israel, Japan, Kanada, der Republik Korea, von Neuseeland und der USA, von Andorra, Honduras, Monaco und San Marino, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.
Es bleiben folglich vor allem Deutsche übrig, die außen vor bleiben. Deren Ehegatt/innen sollen keine Bereitschaft haben, im Inland Deutsch zu lernen? Das ist grotesk! Anstatt weitere Ausnahmen sich auferlegen zu lassen, ist es Zeit zu handeln, die Regelung zum Sprachnachweis in § 30 Aufenthaltsgesetz zu streichen und für den Spracherwerb Deutsch die Integrationskurse im Inland zu nutzen, denn sie wurden für das Erlernen der deutschen Sprache eigens geschaffen.
Hiltrud Stöcker-Zafari
Bundesgeschäftsführerin |