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newsletter nr. 19 - mai 2014
Liebe Newsletter-Abonnent/innen, heute erreicht Sie unser Frühlings-Newsletter - mit Informationen aus unseren Arbeitsfeldern und den politischen Debatten. Die ersten 100 Tage der großen Koalition sind überschritten.
Auch wir als Verband haben sie genutzt, um uns bekannt zu machen und unsere verbandlichen Themen einzubringen. Sei es schriftlich oder in persönlichen Gesprächen im familienpolitischen und integrations-/migrationspolitischen Bereich. Es liegen zwei Gesetzentwürfe vor, die wir herausgreifen wollen. Der jüngste ist zum Elterngeldplus aus dem Bundesfamilienministerium, zu dem wir uns posititioniert und vor allem auf die Einhaltung des Bundesverfassungsgerichtsurteil aus 2012 hinweisen (Stellungnahme des Verbandes). Hiernach stehen auch Eltern mit Migrationshintergrund diese Leistung zu, auch wenn sie noch nicht in den Arbeitsmarkt integriert sind. Sie müssen sich jedoch mindestens drei Jahre in Deutschland aufhalten. Der 2. befasst sich mit der Optionspflicht, die im Koalitionsvertrag nach allgemeinem Verständnis vollständig abgeschafft werden sollte.
Wir wünschen eine anregende Lektüre und neue Impulse! |
Neuregelung der Optionspflicht
In den Koalitionsverhandlungen wurde festgelegt, dass für in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder ausländischer Eltern die sogenannte Optionspflicht abgeschafft werden soll. Jetzt legt die Regierung einen Gesetzesentwurf vor, der vorsieht, nur in bestimmten Fällen die Mehrstaatigkeit zu akzeptieren. Künftig sollen von der Optionspflicht befreit werden, wer sich bei Vollendung seines 21. Lebensjahres mindestens acht Jahre in Deutschland aufgehalten hat oder sechs Jahre in Deutschland eine Schule besucht hat. Die Optionspflicht entfällt auch für diejenigen, die über einen in Deutschland erworbenen Schulabschluss oder eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen. Zusätzlich von der Optionspflicht befreit sind Unionsbürger/innen und Staatsbürger/innen der Schweiz.
Damit akzeptiert der Gesetzentwurf für eine große Gruppe junger Erwachsener die mehrfache Staatsbürgerschaft. Wir fragen uns, warum der Gesetzgeber angesichts einer nur noch verbleibenden kleinen Personengruppe an der Optionspflicht festhält? Es wäre an der Zeit, den Heranwachsenden mit Migrationshintergrund in Deutschland ein deutliches Zeichen der Anerkennung zu geben und die vollständige Abschaffung der Optionspflicht als wichtigen integrativen Schritt zu gehen. |
Sprachhürden abschaffen - binationales Familienleben schützen
Im Jahr 2013 waren 12.828 Ehepartner von den Sprachanforderungen beim Ehegattennachzug betroffen und mussten zwangsweise voneinander getrennt leben, weil sie den Sprachtest nicht bestanden. Hinter diesen Zahlen, die fast ein Drittel der insgesamt betroffenen Ehepartner darstellt, verbirgt sich ein familiäres Leid, was nicht länger hingenommen werden darf. Der Verband weiß aus der bundesweiten Beratungspraxis, welche Schicksale und welches Familienleid sich hinter Daten und Fakten verbergen. Ausgelöst von einer sogenannten Integrationsmaßnahme, die primär eine Tortur für das (binationale) Familienleben ist.
Es bestehen überdies erhebliche Zweifel an der Vereinbarkeit der deutschen Regelungen mit EU-Recht. Es gilt diesen diskriminierenden staatlichen Eingriff in das Familienleben zu beenden und den Sprachtest in Deutschland stattfinden zu lassen. Am 30. April sprach der Generalanwalt Paolo Mengozzi sein Schlussplädoyer am Europäischen Gerichtshof. Er schlägt in seinen Schlussanträgen (Rechtssache C-138/13) dem EuGH u. a. vor, dass die Ehegatten, die ins Bundesgebiet nachziehen wollen, auch die Möglichkeit haben müssen, sich von dem Sprachnachweis vor der Einreise befreien zu lassen – z.B. aus Kostengesichtspunkte: ist Unterricht verfügbar, besteht Zugang zum unterstützenden Material oder Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Gesundheitszustand bzw. der persönlichen Situation des Ehegatten: Alter, Analphabetismus, Behinderung, Bildungsgrad.
Wir sind gespannt, ob der EuGH den Ausführungen Mengozzis folgen wird und ein Urteil für ein zeitnahes Zusammenleben der Ehegatten in Deutschland auch ohne des Nachweises von A 1 sprechen wird. |
Willkommen und Anerkennung?
Der Koalitionsvertrag sieht eine Stärkung der Willkommens- und Anerkennungskultur in Deutschland vor. Die letzte Integrationsministerkonferenz widmete sich u.a. diesem Thema. Laut Ergebnisprotokoll gelte es, "das Zusammenleben erfolgreicher zu gestalten und sich zu einer Willkommensgesellschaft weiterzuentwickeln, in der Vielfalt als Bereicherung anerkannt und die unterschiedlichen Potentiale bestmöglich gefördert werden". Voraussetzung dafür sei ein klares Bekenntnis zu Zuwanderung. Inwieweit Deutschland die Chancen der Zuwanderung nutzen kann, hängt entscheidend davon ab, ob wir einen gesellschaftlichen Konsens für Vielfalt entwickeln können, der die Ächtung von Ausgrenzung und Rassismus einschließt. Ein interkulturelles Zusammenleben braucht die Offenheit und Aufnahmebereitschaft der einheimischen Bevölkerung ebenso wie die Motivation und das Engagement Zugewanderter.
Der Verband begrüßt die Thematisierung einer Erweiterung des Willkommensansatzes, weist aber auch darauf hin, dass dies für alle Gruppen gleichermaßen Anwendung finden muss und nicht nur hochqaulifizierte Zuwanderer willkommen geheißen werden. Allen muss eine reale Chance und ein Willkommen geboten werden, es darf keine Zuwanderer 2. Klasse geben. Darüber hinaus gilt es, die bereits hier lebenden Migranten/innen anzuerkennen und als Teil unserer Gesellschaft zu schätzen. Eine Willkommenskultur kommt ohne echte Anerkennung nicht aus. Der Verband wird die weitere Entwicklung beobachten.
Protokoll der 9. Integrationsministerkonferenz |
Jahresgutachten 2014 des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen
Das diesjährige Jahresgutachten des Sachverständigenrats (SVR) nimmt die vergangenen fünf Jahre in den Blick und zieht Bilanz. In neun Kernbotschaften werden dabei folgende Kernbereiche ausgemacht, in denen Reformbedarf besteht: auf dem Arbeitsmarkt, im Bereich Bildung, bei der europäischen Flüchtlingspolitik, der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts und der institutionellen Gleichstellung des Islam. Während im Bereich Zuwanderung und Arbeitsmarkt positive Entwicklungen gesehen werden, fällt das Urteil der Experten im Bereich Bildung ernüchternd aus. Die Institution Schule muss den Umgang mit einer heterogenen Schülerschaft erst noch lernen. Der SVR fordert im Rahmen eines "Nationalen Aktionsplans Migration", die Migrationspolitik aus einem Guss zu entwerfen und gleichzeitig das Zusammenwirken unterschiedlicher Ministerien sowie zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu verbessern.
9 Kernbotschaften des Gutachtens Zum Jahresgutachten |
BAMF-Studie zur Heiratsmigration
Eine Form der Zuwanderung nach Deutschland ist der Ehegattennachzug, in dessen Rahmen von 2005 bis Ende 2013 etwa 350.000 Ehepartner/innen aus Drittstaaten nach Deutschland gekommen sind.Wie diese Gruppe in den ersten Jahren nach der Einreise ihren Alltag gestaltet, darüber gibt die aktuelle BAMF-Heiratsmigrationsstudie „Die Integration von zugewanderten Ehegattinnen und Ehegatten in Deutschland“ Auskunft.Soweit in der Kurzfassung ersichtlich, liefert die Studie differenzierte und belastbare Informationen:die Mehrzahl der zugezogenen Ehepartner/innen kommt in einem jungen Alter, entscheidet sich bewusst für die Familienführung in Deutschland und ist hoch motiviert sich sprachlich und sozial zu integrieren. Fast dreiviertel von ihnen haben bereits ein gemeinsames Kind mit dem Partner/ der Partnerin in Deutschland. Sie sind überwiegend schulisch und beruflich gut ausgebildet, aber mehrheitlich in geringer qualifizierten Beschäftigungen tätig. Hier sieht das BAMF u.a. auch Handlungsbedarf und fordert eine frühzeitige Beratung über berufliche Möglichkeiten und Angebote zur Ausbildung, Nach- und Weiterqualifizierung. Manfred Schmidt, der Präsident des BAMF betont:„Unsere Daten aus der Heiratsmigrationsstudie zeigen, dass es wichtig ist, auf das Potenzial zu blicken, das Ehegattinnen und Ehegatten aus dem Ausland mitbringen". Auch wir sehen dieses Potential und werden uns mit großem Interesse die vorliegenden Daten noch genauer ansehen.
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Neues Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung
Das neugegründete Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung in Berlin (BIM) hat sich zum Ziel gesetzt, wissenschaftliche Grundlagen und empirische Daten zur Versachlichung der Diskussion über Integrationsfragen in Europa interdisziplinär (Psychologie, Sportwissenschaft, Medizin und Sozial- und Bildungswissenschaften, Ethnologie und Ökonomie) zu erarbeiten und mit seiner Forschung einen Transfer in Politik, Zivilgesellschaft und Medien zu leisten. Das Institut an der Humboldt-Universität wird durch den Zusammenschluss renommierter Partner gefördert: die Gemeinnützige Hertie-Stiftung, der Deutsche Fußball-Bund (DFB) sowie die Bundesagentur für Arbeit (BA). Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Staatsministerin Aydan Özoğuz, übernimmt den Vorsitz des Kuratoriums des Berliner Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM). |
"Europa nein danke" - neue Studie zu Rechtspopulismus in Europa
Am 25. Mai 2014 wird in Europa gewählt. Die Bandbreite der Wahlmöglichkeiten ist breit und nicht alle Wahlmöglichkeiten haben ein gemeinsames und solidarisches Europa als Ziel vor Augen. Dr. Florian Hartleb beleuchtet in einer aktuellen Studie die gegenwärtige Situation der europäischen Rechtspopulisten. Die neue Studie der Konrad Adenauer Stiftung zum Rechtspopulismus im Zusammenhang mit den Europawahlen 2014 macht deutlich: es gilt am 25. Mai "Farbe zu bekennen". Die gegenwärtige Stärke rechts- und nationalpopulistischer Parteien beruhe auf der Erweiterung ihrer „Stammthemen” Fremdenfeindlichkeit und Elitenkritik um die simple Mobilisierungsformel: „Nein zu diesem Europa”. Die nationalistischen und rechtspopulistischen Tendenzen in den verschiedenen Ländern wachsen und sie bedrohen den europäischen Gedanken des friedlichen und grenzübergreifenden Zusammenlebens für ein zukunftsfähiges Miteinander.
Der Verband sagt NEIN zu Rechspopulismus, Rassismus und Diskriminierung in jeglicher Form.
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Europawahl und Familien - eine Entscheidungshilfe
Die Confederation of Family Organisations in the European Union (COFACE) hat eine Entscheidungshilfe zur Europawahl veröffentlicht, die sich speziell an Familien richtet. Anders als die landläufige Meinung ist die COFACE davon überzeugt, dass das Europäische Parlament sehr wohl über einige Macht in vielen wichtigen Bereichen, die das tägliche Leben der Familien in Europa beeinflussen, verfügt. Deswegen hat sie die größten europäischen Fraktionen kontaktiert und Fragen gestellt wie: „Wie wird sich die Jugendarbeitslosigkeit entwickeln? Was wird die EU gegen die hohen Energiepreise tun? Wie sieht es mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie aus?“ In der Publikation werden die Antworten der politischen Parteien: die Europäische Volkspartei (EVP), die Sozialisten und Demokraten (S&D), die Verbindung von Liberalen und Demokraten für Europa (ALDE) und die Grüne/Freie Europäische Allianz (Greens/EFA.) vergleichend dargestellt.
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Deutschland im Umgang mit Rassismus in der Kritik
Deutschland wurde in den vergangenen Jahren sowohl von den Vereinten Nationen als auch vom Europarat für seinen Umgang mit Rassismus kritisiert. Die APUZ (Aus Politik und Zeitgeschichte)-Ausgabe (13-14/2014) der Bundeszentrale für politische Bildung beleuchtet das Thema und bearbeitet dabei Fragen wie: Wo fängt Rassismus an und welche Formen gibt es? Welche individuellen und gesellschaftlichen Konsequenzen sind mit ihm verbunden? Welche Möglichkeiten haben Betroffene, ihre Erfahrungen sichtbar zu machen?
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termine/veranstaltungen
Für Kurzentschlossene: „Gesellschaftliche Vielfalt im Zerrspiegel der Medien – Auswirkungen stereotypisierender Medieninhalte auf die (Migrations-)Sozialarbeit“ Fachtagung in Gießen - Kooperation mit der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung (HLZ) und dem Paritätischen Hessen
Donnerstag, den 15.Mai.2014 in Gießen, Kongresshalle 09.30 Uhr bis 15:30 Uhr
Veranstaltungsflyer Am 25. Mai 2014 findet in Frankfurt am Main der 2. Lauf für Mehrsprachigkeit statt. Der Verband ist Kooperationspartner. Interessierte finden weitere Informationen unter Mehr zum Lauf Familienpolitische Fachtagung des Verbandes - "Stark für Kinder - Väter in interkulturellen Familien"
27. Juni 2014 in Frankfurt am Main, 10:30 - 21:00 Uhr
Engagierte Väter sind heute gefragt und obwohl sie zunehmend eine wichtige Rolle in der Familienpolitik und Familienforschung einnehmen,werden sowohl in der öffentlichen als auch in der fachlichen Diskussion ihre ethnisch-kulturelle Diversität, die Vielfalt, die sich in ihren Lebensformen und ihrem Selbstverständnis ausdrückt, nicht thematisiert. Die Fachtagung will Erfahrungen und Ergebnisse aus einem Projekt der Geschäftsstelle Leipzig des Verbandes aufgreifen und dazu beitragen, dass Väter in ihrer Vielfalt und Heterogenität besser wahrgenommen werden.
Veranstaltungsflyer |
Literaturempfehlung
Deniz Selek: Zimtküsse. S. Fischerverlag GmbH. 2. Aufl. Frankfurt/Main 2012. 282 Seiten ISBN: 978-3-596-85460-8, 13,99€
Sahra liebt Karl, Istanbul und Babaanne - ihre Mutter aber nicht mehr Baba. Von einem Tag auf den anderen wird das eh schon verwirrende Teenagerleben von Sahra noch mal durcheinandergewirbelt. Trost verspricht eine Auszeit bei der Familie ihres Vaters in der Türkei.
Deniz Selik erzählt die Geschichte eines Mädchens, das in einer binationalen Beziehung als Wunschkind und mit viel Liebe aufwächst, sensibel und mit Augenzwinkern zugleich. Der Leser wird in das Innenleben von Sahra mitgenommen und erfährt mehr über das Leben in zwei Welten mit der Fülle der Emotionen, Bilder und Eindrücke aus Hannover und Istanbul. Er erlebt aber auch ohne erhobenen Zeigefinger oder Anklage, mit welchen Vorurteilen und Alltagsrassismen Kinder aus binationalen Familien klar kommen müssen.
Ein lesenswerter Roman, der durch seine Mehrfachadressierung auch Erwachsene mitnimmt und wertvolle Einblicke in Binationalität und grenzüberschreitendes Leben und Lieben gibt - ganz entspannt, humorvoll und einfach schön!
Brigitte Wießmeier, Klaudia Jacobs, Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V., (Hrsg.): Paarbeziehungen. Bikulturalität. Globalisierung. Einblick in Forschung und Praxis. Voraussichtliches Erscheinungsdatum: Sommer 2014 - Lit-Verlag
Diese Publikation basiert auf den Ergebnissen sowie Erkenntnissen eines Projektes, das die Regionalstelle Berlin unseres Verbandes in Kooperation mit der Evangelischen Hochschule Berlin von 2011- 2013 durchführte. Sie befasst sich mit Transformationen der hiesigen Gesellschaft, die aus dem Kontext einer kulturellen Globalisierung entstehen. Bei Paarkonstellationen, die an dieser Stelle bikulturell genannt werden, wird angenommen, dass sich die Chancen durch gewachsene Selbstverständlichkeit derartiger Verbindung verbessern. Beiträge aus Forschung und Praxis bieten Ansätze und Erkenntnisse zu den höchst individuellen Balanceakten der Paare. Durch die sichtbar werdende gesellschaftliche Wirklichkeit entstehen Einblicke in Zwischenräume und damit verbundene Anforderungen an Institutionen. |
zu guter letzt...
"An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern."
Erich Kästner
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